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016 | Die Dettelbacher Stadttore

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Das wachsende Verkehrsaufkommen war besonders am Ende des 19. Jahrhunderts der Grund für eine grundlegende Änderung im Dettelbacher Stadtbild. Ursprünglich führte der Weg in die Dettelbacher Altstadt durch fünf Tore, die kurz nach der Stadterhebung 1484 entstanden sein müssen: das Maintor im Süden, das Steigtor im Westen in die heutige Würzburger Straße, das Neutor im Osten in die heutige Bamberger Straße, das Brücker Tor im Norden und das Faltertor Richtung Neuses am Berg.

1872/73 beschloss der Dettelbacher Stadtrat, das Maintor, das Neutor und das Steigtor wegen dem immer stärker werdenden Verkehrsaufkommen abzureißen. Dieses Vorgehen entsprach dem Zeitgeist des 19. Jahrhunderts. Die spätmittelalterlichen Stadttore waren veraltet und unpraktisch geworden. Auch ihre Funktion, den Schutz der Stadt, hatten sie weitestgehend verloren. Bereits aus dem Jahr 1844 ist überliefert, dass sich die Fälle häuften, dass die Fuhrwerke im Neu- und Steigtor steckenblieben und den gesamten Verkehr behinderten. 


Mit dem Maintor, dem Neutor und dem Steigtor wurden in den Jahren 1872/73 drei der ursprünglich fünf Dettelbacher Stadttore abgerissen, um dem modernen Verkehr Platz zu machen. Auch der Abriss des Faltertores wurde am 25. August 1899 mit sieben zu fünf Stimmen vom Stadtrat beschlossen. Dass das Tor heute noch steht, ist dem Umstand zu verdanken, dass das Königliche Generalkonservatorium für Kunstdenkmale der Stadt Dettelbach die Abbruchgenehmigung verweigerte. 


Ebenfalls ist das Brücker Tor bis heute erhalten geblieben. Die Straßensituation vor und nach dem Brücker Tor ist recht beengt. Dass es heute noch steht, ist wohl einem glücklichen Zufall zu verdanken, durch den sich die Straßenführung in Richtung Schweinfurt grundlegend änderte: 1867 brach ein größerer Brand an der Ecke Langgasse und der heutigen Schweinfurter Straße aus, so dass die betroffenen Anwesen stark beschädigt wurden. Als es an den Wiederaufbau ging, wurden die Grundstücksgrenzen neu geordnet und auch die Stadtmauer durchbrochen. So wurde ein bequemerer Weg aus der Stadt in Richtung Norden geschaffen und das Brücker Tor hatte seine Funktion als einziger Zugang in die Stadt aus dieser Richtung verloren. 


Wie sahen aber die 1872/73 abgebrochenen Stadttore aus? 

Das Steigtor öffnete den Weg in die Stadt von Westen her in die Steiggasse, der heutige Würzburger Straße. Die Bezeichnung "Steig" lässt sich von der Flurlage ableiten, die Tor und Gasse den Namen gab. Eine Lithographie aus dem Jahr 1840 zeigt eine Stadtansicht von Dettelbach von Westen aus gesehen. Vor der Stadt erkennt man die Ziegelhütte. Dahinter öffnet das Steigtor den Weg in die Stadt. Es handelt sich um ein repräsentatives Bauwerk, das mit seinem geschwungenen Volutengiebel charakteristisch für die mainfränkische Renaissance um 1500 ist. In seinem Erscheinungsbild hatte es nach der Darstellung große Ähnlichkeiten mit dem Oberen Tor in Volkach. Zwei Muschelkalksäulen des Dettelbacher Bildhauers Roger Bischof und ein angedeuteter Grundriss erinnern seit 2005 an den Standort des Steigtores. 


Das Aussehen des Maintores ist auf zwei historischen Karten aus dem 16. Und dem 17. Jahrhundert sowie einer Bleistiftskizze des bekannten englischen Künstlers William Turner (1775-1851) überliefert. Die Flurkarte von 1577 zeigt die Stadt Dettelbach von Süden aus leichter Vogelperspektive. In der Mitte ist das Rathaus über dem Bach sehr realitätsgetreu wiedergegeben. In der südlichen Stadtmauer erkennt man das Maintor mit rundbogiger Öffnung und Walmdach. Auch war die Stadtmauer über dem Bach geschlossen, so dass dieser durch eine kleinere rundbogige Öffnung links neben dem Tor in Richtung Main fließen konnte. Die Zeichnung anlässlich des Streites zwischen Euerfeld und den Müllern am unteren Bachlauf von 1567/68 beinhaltet eine Südansicht der Stadt Dettelbach. Hier ist ebenfalls das Maintor mit Walmdach und großer Rundbogenöffnung dargestellt. William Turner fertigte im Jahr 1840 zwei Bleistiftskizzen der Stadtsilhouette Dettelbachs an. Damals kam er auf seiner Reise von Venedig, über Tirol, Innsbruck, München, Passau und Regensburg auch nach Franken und somit an Dettelbach vorbei. Auf einer der beiden Skizzen erkennt man rechts das Faltertor mit seinem charakteristischen Knickhelm und die das Tor umgebenden Türme. Weiter links erkennt man den Turm der Stadtpfarrkirche mit seinem Treppenturm und das Maintor. In Turners Skizze ist das Tor, ebenso wie das Faltertor, mit einem Knickhelm ausgestattet. Diese Darstellung der Dachform im Jahr 1840 könnte darauf hinweisen, dass das Maintor mindestens im Bereich des Daches im Laufe der Jahrhunderte bauliche Änderungen erfahren hatte. Andererseits könnte es sich bei den Darstellungen aus dem 16. und 17. Jahrhunderts auch um die schematischen Darstellungen eines beispielhaften Stadttores handeln. 


Vom Neutor hat sich nur eine Darstellung in Lageplänen bezüglich der Veräußerung des fürstbischöflichen Fronhofes aus dem Jahr 1796 erhalten. Das "neue Thor" ist dort als dreigeschossiger Bau mit rundbogiger Toröffnung und Zeltdach dargestellt. Die einzelnen Geschosse scheinen durch Gesimse voneinander abgetrennt zu sein. Die Frage ist, ob es sich hier um eine realistische Darstellung handelt oder um die beispielhafte Wiedergabe eines Stadttores. Letzteres liegt nahe, da es den Erstellern der Karte nicht primär um eine wirklichkeitsgetreue Wiedergabe der Stadt ging, sondern vielmehr um die präzise Eintragung der Flurstücke anlässlich der zu veräußernden Felder. Heute erinnern zwei moderne Torpfeiler am Ende der Bamberger Straße, der früheren Neuen Gasse, an den Standpunkt des Neutores.


Quellen: Bauer, Hans: Das Faltertor steht noch? Zufall!, in Dettelbacher Geschichtsblätter Nr. 298, 2013.

Bauer, Hans: Wie sahen die Stadttore aus?, in Dettelbacher Geschichtsblätter Nrn. 108-110, 1988.

Bauer Hans: Der Maler William Turner in Franken, in Der Falter, 2021.

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