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041 | Das verschobene Euerfeld

Geschichtszeichen
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Viele der Siedlungen im Dettelbacher Raum wurden im Zuge der fränkischen Kolonisation ab dem 6./7. Jahrhundert gegründet. Hierauf deutet die Endsilbe „-feld“ hin. Erstmals schriftlich erwähnt wurde der Ort vermutlich im Jahr 985, als der Würzburger Bischof Rudolf I. Felder in der Gemarkung Urfeld dem Kloster Schwarzach als Schenkung gab.

„Urfeld“, „Uverfeld“, „Uwerfeld“, „Uruelt“ und „Urveld“ waren im Laufe der Jahrhunderte Bezeichnungen für den späteren Ort Euerfeld. Das heutige Euerfeld liegt südlicher als das alte Euerfeld. Im 16. Jahrhundert wurde der Ort zweimal von Feuerkatastrophen heimgesucht, die jeweils große Zerstörung anrichteten.


Wie sah das alte Euerfeld aus?

Aus dem 16. Jahrhundert haben sich zwei Darstellungen Euerfelds erhalten. Eine Flurkarte aus dem Jahr 1577 zeigt Euerfeld symbolisch mit für den fränkischen Raum charakteristische Fachwerkhäusern und der dahinter stehenden Kirche. Im Jahr 1567 wurde anlässlich eines Streites zwischen Euerfeld und den Müllern am unteren Bachlauf (die beiden Mühlen bei Schernau und Brück, die drei Mühlen am Brücker Bach und zwei Mühlen in der Stadt Dettelbach) eine Lageskizze angefertigt. Diese gibt die örtlichen Verhältnisse zwar nicht maßstabsgetreu wieder, ist dafür aber mit zahlreichen Details ausgeschmückt. Die Skizze zeigt rechts die Stadt Dettelbach mit Maintor, Stadtpfarrkirche und dem großen Amtskellereigebäude. Oben links ist der Ort Euerfeld mitsamt dem strittigen See und dem auf die Mühlen gehenden Wasserlauf dargestellt. Gut erkennt man die lockere Bebauung des dörflich geprägten Euerfelds im Gegensatz zur durch die mit wehrhaften Mauern umgebenen Stadt Dettelbach. Besonders Euerfeld ist mit zahlreichen Details ausgestattet. Neben den Enten auf dem See erkennt man die fünf Brunnen, die gleichmäßig im Dorf verteilt sind. Auch die damalige Fachwerkbauweise ist sehr schön zu erkennen. Besonders drei Gebäude stechen hier heraus.


Auch die Kirche ist auf der Skizze dargestellt. Sie ist durch ein nach Osten ausgerichtetes, mit drei Fensterachsen ausgestattetes Langhausund nach Süden vorgelagerten Glockenturm gekennzeichnet. Rechts davon ist ein weiteres stattliches Fachwerkgebäude mit massivem gemauerten Fundament zu erkenne, diesem ist ein überdachter Brunnen zugeordnet.


Im Vordergrund erhebt sich, ein stattliches, von einer massiven Mauer umgebenes Anwesen inmitten des Sees. Hier könnte es sich um einen herrschaftlichen Ansitz des lokalen Adelsgeschlechtes der Ritter von Euerfeld handeln. 1160 schenkt ein Eber „von Uruelt“ der Benediktinerabtei St. Stefan in Würzburg einen Weingarten in Retzstadt. Der Zusatz „von Uruelt“, also „von Euerfeld“, lässt vermuten, dass sich auch der Wohnsitz des Geschlechts in Euerfeld befunden hatte. Einige Zeit später, im Jahre 1327, bekommt Johann der Schweiger das „Vorwerch zu Ewerfelt“ durch den Bischof von Bamberg zum Lehen. Mit dem Begriff Vorwerk können einem Ansitz vorgelagerte Verteidigungsbauten bzw. vorgelagerte Wirtschaftsgebäude gemeint sein. Neben diesen Indizien für keinen in Euerfeld bestehenden Adelssitz, weist auch ein von West nach Ost auslaufender Geländesporn Nähe des heutigen oberen Dorfplatzes – dem alten Ortszentrum – auf eine Befestigungsanlage hin.


Der Ortskern verschiebt sich

Das Dorfbild und auch der Ortskern haben sich in den vergangenen Jahrhunderten gewandelt. Auf Grund zweier Brandkatastrophen verschwand im Osten ein Teil der ehemaligen Bebauung und der Ortskern verschob sich insgesamt nach Süden.


Das alte Ortszentrum mit Kirche und Pfarrhaus lag ehemals ungefähr in dem Bereich, wo sich heute Lindenstraße, Bibergauer Straße und Hauptstraße kreuzen. Auch eine Dorflinde soll hier gestanden haben. Die dort bestehende Kirche wird im Jahr 1453 erstmals schriftlich erwähnt. Hierbei dürfte es sich um den längsrechteckigen Bau mit seitlich vorgelagertem Glockenturm handeln, der auf der Zeichnung anlässlich des Mühlenstreites dargestellt ist.

Anfang des 17. Jahrhunderts zerstörte ein Brand das Ortszentrum. Neben der Kirche vielen zahlreiche Häuser den Flammen zum Opfer. Die Kirche wurde als Neubau am Standort der heutigen Kirche rund 200 Meter vom alten Ortsrand entfernt bis 1627 neu errichtet. An diesem Ort soll sich bereits in früherer Zeit eine alte Michaelskapelle befunden haben.


Die am südlichen Ortsrand neu errichtete Kirche viel aber bereits am 5. April 1685 einem erneuten Großbrand zum Opfer. Das Feuer war neben der Gemeindeschmiede ausgebrochen, breitete sich schnell im gesamten Dorf aus und vernichtete einen Großteil der damaligen Bebauung. Neben der erst 60 Jahre alten Kirche wurden die Schule, das Rathaus sowie 25 weitere Gebäude im Dorf durch die Flammen zerstört. Die Euerfelder Bevölkerung ließ sich aber nicht unterkriegen und machten sich abermals an den Wiederaufbau ihres Dorfes. Bereits 1685 war die Michaelskirche auf den Überresten der 1629 eingeweihten Kirche wiedererrichtet worden. Der Turm konnte 1690 fertiggestellt werden. Doch nicht alles wurde wiederaufgebaut. Die Flurlage „Bäu“ östlich der Baygasse erinnert heute noch an die zerstörten Gebäude, die sich ehemals in diesem Bereich befanden.


Literatur: Bauer, Hans: Dettelbach und seien Ortsteile, Kitzingen 1983.

Kulturhistorischer Kreis Dettelbach e.V. (HG): Euerfeld. 1100 Jahre – Ein Dorf stellt sich vor. Dettelbach 1995. Müller-Halbleib, Julia: Dettelbach. Vergangenes Entdecken, Geigerverlag 2023. Sauter, Walter: Die Euerfelder Kirche St. Michael, in: Bauer, Hans (HG.): Dettelbacher Geschichtsblätter Nr. 285, Dettelbach 2011.

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