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033 | Der Dettelbacher Stadtbahnhof

Geschichtszeichen
Unscheinbare und verborgene Geschichten erleben …
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Vom Stadtbahnhof aus fuhr im 20. Jhd. das sogenannte „Baumanns-Bähnle“ nach Dettelbach-Bahnhof.

Als fünf aufmerksame Dettelbacher Bürger an einem Abend im März des Jahres 1923 in der Nähe des Stadtbahnhofes spazieren gingen, blieben sie einige Zeit stehen, um sich zu unterhalten. Als sie plötzlich Geräusche hörten, waren die Herren neugierig und machten sich auf die Suche nach dem Ursprung. Diese kamen aus „dem kleinen Häuschen, wo der zweirädige Postwagen untergebracht“ war. Dort trafen Sie einen Herrn zusammen mit einer Dame an. Die Spaziergänger konnten sich nicht erklären, was die beide dort zu spätere Stunde – es war zwischen 21 und 22 Uhr – „zu arbeiten haben“, zumal die Dame ledig, der Herr aber verheiratet und obendrein Mitglied des Stadtrats war. In flagranti ertappt, soll der Herr Stadtrat gedroht haben: „der erste, wo herkommt, dem schieß ich die Ruahm voneinander.“ Der Skandal war perfekt.


Die fünf Zeugen des Vorfalls schrieben sogleich einen Brief an das Stadtmagistrat mit der Bitte „im Ansehen der Stadt näheres veranlassen zu wollen, damit dieser Herr von seinem Ehrenamt enthoben wird“.


Stattgefunden hat das ganze am Dettelbacher Stadtbahnhof. Von dort aus fuhr das „Baumanns-Bähnle“ oder im Volksmund auch „Schnefterle“ genannt nach Dettelbach-Bahnhof. Seit 1881 hatte sich die Stadt Dettelbach darum bemüht, eine eigene Lokalbahn zu erhalten. Mit Dettelbach-Bahnhof gab es zwar einen Anschluss an die Bahnstrecke Nürnberg-Würzburg, dieser lag jedoch einige Kilometer außerhalb. Aber die Stadt hatte mit dem gebürtigen Dettelbacher und späteren Bürgermeister Luitpold Baumann einen einflussreichen Mann in Land- und Reichstag sitzen. Mit 17 Weinhandlungen, 350 Gewerbebetrieben, 12 Mühlen und zwei Ziegeleien sei Dettelbach ein bedeutender Produktionsort und auch die florierende Wallfahrt wurde in die Waagschale geworfen. So gelang es mit Luitpold Baumanns Hilfe und guten Argumenten, dass der Bau einer fünf Kilometer langen Stichbahn zwischen Dettelbach-Bahnhof und Dettelbach Stadt 1896 genehmigt und am 30. August 1900 schließlich eingeweiht werden konnte. 


Weil die Strecke allerdings nicht rentabel genug war, wurde der Betrieb der Lokalbahn bereits 1967 wiedereingestellt.


Quelle: Stadtarchiv Dettelbach, D-B/II und Hochholzer Elmar, In memoriam: Das Dettelbacher „Schnefterle“, in: Dettelbacher Geschichtsblätter Nr. 212, 2000

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